Schätzungen zufolge versterben in Deutschland mehr als 25 Prozent der Krebspatienten nicht an ihrer Grunderkrankung, sondern an den Folgen einer Mangelernährung und der damit verbundenen körperlichen Auszehrung. Warum befindet sich die Ernährungstherapie nicht im Fokus der Onkologie?

Ernährung als Teil der onkologischen Therapie

Die Ernährung stellt einen wichtigen Aspekt der onkologischen Therapie dar. Sie hat einen hohen Stellenwert für die Lebensqualität des Patienten und dessen Langzeitprognose. Wir untersuchen daher alle Patienten der Klinik und im Medizinischen Versorgungszentrum regelmäßig auf drohende Mangelernährung sowie auf die Entwicklung einer Kachexie.

Behilflich ist uns dabei der Bodyscan. Dieser gibt Auskunft zum Beispiel über Gewicht, BMI, Fettanteil, Muskelmasse und Wassergehalt im Körper. Die Ursachen einer Mangelernährung sind multifaktoriell. Mehr als die Hälfte aller Tumorpatienten weisen bereits vor der Diagnosestellung einen signifikanten unfreiwilligen Gewichtsverlust auf.

Mehr als 80 Prozent der Patienten mit Magen- oder Pankreastumoren sind mangelernährt. Dabei ist die Mangelernährung als unabhängiger Risikofaktor nicht zu unterschätzen: Sie führt zu einem Verlust der Lebensqualität, reduziert die Toleranz für Chemo- und Bestrahlungstherapie, verschlechtert die Prognose und führt bei mehr als einem Viertel der Krebspatienten sogar zum Tod.

In Deutschland sind davon über 100.000 Patienten pro Jahr betroffen. 40 Prozent der Patienten leiden unter Appetitlosigkeit, 46 Prozent an Geruchs- und Geschmacksveränderungen und 60 Prozent unter Völlegefühl. Hinzu kommen Übelkeit (39 %) und Erbrechen (27 %). Insbesondere die Nahrungsaufnahme in der letzten Woche vor der stationären Aufnahme ist ein hochsignifikanter Parameter. Leitlinien zur bedarfsgerechten Ernährungstherapie in der Onkologie gibt es nicht, auch wird sie im DRG nicht adäquat berücksichtigt.

Warum ist die Ernährungstherapie nicht im Fokus der Onkologie?

Die Ernährungstherapie ist in der Onkologie wohl schlicht deshalb nicht im Fokus, weil die Mehrzahl der Ärzte noch immer die Bedeutung des Themas Ernährung unterschätzt. Dabei ist jeder Abbruch einer onkologischen Therapie aufgrund von Mangelernährung tragisch.

Ein Hauptproblem war für uns, die Ernährungstherapie in den klinischen Alltag zu integrieren. Das konnten wir aber gemeinsam mit unserer Apotheke lösen. Diese ermöglicht auch eine Ernährungstherapie zu Hause.

Struktur einer erfolgreichen Ernährungstherapie

In unserer Klinik gehören die Untersuchung des spezifischen Ernährungszustands ebenso wie eine Bodyscan-Messung zum Standardverfahren bei der Aufnahme eines Patienten. Erst dann kann geklärt werden, welche Ernährung für den Patienten sinnvoll ist und wann man sinnvoller Weise mit einer Chemotherapie beginnen kann.

Aufklärung von Patienten und Angehörigen

Eine Ernährungstherapie wird selten von Patienten oder ihren Angehörigen selbst eingefordert. Sie gehen davon aus, es sei normal, unter der onkologischen Therapie stark an Gewicht zu verlieren. Es ist deshalb wichtig, Tumorpatienten im Verlauf ihrer Erkrankung regelmäßig und standardisiert auf eine drohende Mangelernährung zu untersuchen und die Entwicklung einer Kachexie zu vermeiden.

Die Ernährung ist essenzieller Bestandteil unserer Tumortherapie in der Klinik St. Georg. Die individuell abgestimmte Energie- und Nährstoffzufuhr muss sichergestellt werden, falls erforderlich auch oral oder enteral und parenteral. Besonders im stationären Bereich ist sie wichtig, um ein optimales Therapieergebnis zu erreichen.