Fiebertherapie
Bei der aktiven Fiebertherapie wird die Erhöhung der Körpertemperatur durch Verabreichung von Fieber auslösenden Substanzen erzielt. Der Körper produziert das Fieber im Gegensatz zu den passiven Hyperthermieverfahren (lokale Hyperthermie oder Systemische Ganzkörper-Hyperthermie) selbst. Daher wird die aktive Fiebertherapie auch endogene Hyperthermie genannt.
Bei den Fieber auslösenden Substanzen handelt es sich um Bakterientoxine. Diese lösen im Wärmeregulationszentrum – im Wesentlichen im Bereich des vorderen Hypothalamus – eine Sollwerterhöhung aus. Daraufhin steigt die Körperkerntemperatur an. Dieser Mechanismus gleicht dem einer normalen Fieberreaktion. Fieber an sich ist keine Krankheit, sondern ein Symptom und hat in der Regel eine lebenserhaltende und gesundheitsfördernde Funktion. Der Körper begegnet einer Vielzahl von Erregern mit denen er in Kontakt kommt, mit Fieberreaktionen. Mit der Fieberreaktion gehen eine erfolgreiche Abwehr der Erreger und eine im Anschluss daran verbesserte Immunabwehr einher.
Für Krebskranke interessant ist die Beobachtung, dass Krebspatienten in der Zeit vor Ausbruch ihrer Erkrankung im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung weniger oft fieberhafte Infekte erleiden (siehe dazu die Studien von Abel 1987, Remy 1983 oder Kölmel 1992). Weiterhin zeigen Untersuchungen, dass es nach Fieber – insbesondere durch Staphylokokken verursachtes Fieber – zu spontanen Tumorrückbildungen gekommen ist (siehe bei Stephenson 1971, Nauts 1984). Therapeutische Erfahrungen mit künstlich erzeugtem Fieber gibt es seit Ende des 19. Jahrhunderts (Coley). Bis zur Einführung der Zytostatika Mitte des 20. Jahrhunderts hatte die Fiebertherapie einen hohen Stellenwert in der systemischen Krebsbehandlung. Heute liegen gute Evidenzen u. a. für Sarkome, Lymphome, Nierenzellkarzinome und Ovarialkarzinome vor. Für das Mammakarzinom und Kolonkarzinom gibt es ebenfalls Hinweise für ein Ansprechen der Fiebertherapie.
Durchführung
Vorbereitend erfolgt neben der ärztlichen Untersuchung und Beratung eine Kontrolle von Blutdruck, Puls, Herz (EKG) und Lunge (Lungenfunktion) sowie der relevanten Laborparameter (Schilddrüsenwerte, Leber- und Nierenwerte, Elektrolyte, Gerinnungswerte, Blutbild, Blutsenkung und CRP). An den Tagen vor der Behandlung sollten die Patienten viel trinken und leichte Kost zu sich nehmen. Am Behandlungstag selbst erfolgt morgens die stationäre Aufnahme. Die Patienten erhalten als Pyrogen (fieberauslösende Substanz) 1 Ampulle Vaccineurin 1/15 intravenös gespritzt. Hierzu erhalten die Patienten einen Venenzugang (Braunüle), in der Regel im Bereich der Hand-, Unterarm- oder Ellenbeugenvenen. Über die Braunüle werden unter der laufenden Therapie Flüssigkeit (Kochsalzlösung, Elektrolytlösung u. ä.) verabreicht. Regelmäßig werden die Temperatur, der Puls und der Blutdruck kontrolliert. Die Patienten können jederzeit über eine Notruftaste aus dem Bett heraus Hilfe anfordern.
Nach Verabreichung der Pyrogene tritt innerhalb von 15 Minuten bis 2 Stunden Schüttelfrost ein. Diese Phase dauert meistens zwischen 10 und 45 Minuten. Die Temperatur steigt dann in der Regel auf Werte zwischen 38 und 41 ° C und dauert zumeist zwischen drei und vier Stunden. Die Patienten werden nach der Fiebertherapie bis zum Morgen des Folgetages weiterhin überwacht, erhalten über die Vene und ggf. auch durch Trinken Flüssigkeit, Elektrolyte und ggf. andere notwendige Medikamente. Nach und während der Behandlung erfolgen Laborkontrollen und ggf. eine medikamentöse Versorgung (zumeist mit Elektrolyten). Ebenso erfolgen bei Blutdruckabfall Blutdruck stabilisierende Maßnahmen.
Kontraindikationen für die aktive Fiebertherapie sind: Herzinsuffizienz, schwere Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, frischer Myokardinfarkt, Vitalkapazität kleiner 60%, akute Hepatitis oder Nephritis, Leberzirrhose oder Niereninsuffizienz, Neigung zu Fieber-Konvulsionen und Epilepsie, Hirntumore, Hirnödeme, Multiple Sklerose, ausgeprägte cerebrale Ischämie, Thrombosen, Thrombophlebitis, Hyperthyreose, Karnofsky-Index kleiner 60%, Kachexie, Schwangerschaft.
Nebenwirkungen
Wie bei natürlich entstandenem Fieber können auftreten: Allgemeines und lokalisiertes Hitzegefühl und Engegefühl, starkes Schwitzen, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Gelenkschmerzen, Bauch- und Gliederschmerzen, Blutdruckanstieg, Pulsbeschleunigung, Herzrhythmusstörungen und Übelkeit. Diese Nebenwirkungen sind zumeist vorübergehend und können medikamentös abgemildert oder behoben werden.
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