Sowohl die Anatomie als auch die Biochemie des Mannes sind einerseits robust, andererseits aber auch äußerst empfindlich. Männer behalten beispielsweise ein Leben lang die Fähigkeit, Spermien zu produzieren, eine Erektion zu bekommen und Kinder zu zeugen. Auf der anderen Seite kann aber bereits eine kleine Veränderung in der Prostatagröße, in der Hormonzusammensetzung oder in der psychischen Konstellation diese Fähigkeiten zerstören.

Anatomie und Lage der Prostata
Abb. 1: Anatomie und Lage der Prostata

Die Prostata hat die Größe einer Kastanie und sitzt unterhalb der Blase und oberhalb der Peniswurzel (Abb. 1). Die Urethra (Harnröhre), die den Urin aus einer gefüllten Blase befördert, führt zentral durch die Prostata, bevor sie auf ganzer Länge den Penis durchspannt. Am Oberrand und am Blasenboden gibt es je einen Verschluss (Abb. 1). Diese Verschlüsse kontrollieren den Urinfluss. Beim Wasserlassen sind beide Verschlüsse offen, bei der Ejakulation ist jedoch nur der untere geöffnet, während der obere fest verschlossen bleibt. Nur der untere Verschluss kann willkürlich kontrolliert werden, der obere jedoch nicht. Bestimmte Medikamente wie Antidepressiva, Glaukompräparate und Belladonnaabkömmlinge können die Verschlussfunktion negativ beeinflussen, ebenso wie Stress, Alter oder Krankheiten wie Diabetes. (siehe Abbildung 1)

Doch es gibt auch Stoffe, die die Funktion der Prostata günstig beeinflussen. Wir wissen heute beispielsweise, dass ein höherer Anteil an tierischen Fetten, insbesondere an gesättigten und erhitzten Fettsäuren, das Risiko, Prostatakarzinom zu entwickeln, erhöht. Daher rücken die Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel immer mehr in den Mittelpunkt der Prophylaxe und Metaprophylaxe bei Erkrankungen der Prostata.

Die durch oxidativen Stress im Organismus hervorgerufenen Defekte an Proteinen, Fetten und insbesondere an der Erbsubstanz werden neben einer Hormondysbalance und anderen Co-Faktoren nicht nur für die Entwicklung eines Karzinoms, sondern auch für seine Ausbreitung verantwortlich gemacht. Aus diesem Grunde sind jene Nahrungsbestandteile besonders interessant, die den oxidativen Stress senken und/oder die Abwehr- bzw. Reparaturmechanismen des Körpers unterstützen. Wir nennen sie Probiotika.

Dabei handelt es sich um Mineralien und pflanzliche Stoffe mit multifunktionellen Eigenschaften, die im Körper die Aufgabe wahrnehmen, ihn von Schadstoffen, Toxinen, Krankheitserregern und anderem zu befreien und neue Systeme regulatorisch aufzubauen.

Selen

Studien haben gezeigt, dass konstant niedrige Selenspiegel im Serum mit einem höheren Risiko einhergehen, einen Prostatakrebs zu entwickeln. Es sind 20 selenabhängige Proteine bekannt, die wichtige Schutzfunktionen gegen zellschädigende, oxidative Prozesse ausüben. Diese Proteine haben eine starke antioxidative Wirkung und verhindern, dass Zellen entarten können. Gleichzeitig erhöht Selen die Wirkung der Chemotherapie signifikant.

Zink

Zink behindert nicht nur, dass der Krebs sich ausbreiten kann, sondern induziert auch den Zelltod von Prosatatkrebszellen. Die Prostata ist neben der Bauchspeicheldrüse das zinkreichste Organ. Ohne Zink gibt es keine Zellteilung, keine Proteinsynthese, kein Wachstum, keine Wundheilung und keine Immunreaktionen.

Magnesiummolybdän

Magnesium ist ein für alle Lebewesen unverzichtbarer Stoff. Seine antioxidative Wirkung ist mit der des Vitamin C vergleichbar.

Vitamin B6

Vitamin B6 ist der Star unter den B-Vitaminen in Bezug auf Prostatagesundheit. Gleichzeitig wirkt Vitamin B6 synergistisch mit Zink.

Vitamin C

Patienten mit Prostatakrebs weisen niedrige Vitamin C-Spiegel im Blut auf. Dabei hat Vitamin C eine antioxidative Wirkung, reduziert Karzinogene und wirkt antimykotisch. Hohe Vitamin C-Spiegel verlängern die Überlebenszeit und verbessern die Lebensqualität der Krebspatienten.

Vitamin E

Hohe Vitamin E-Spiegel im Blut konnten die Sterblichkeitsrate bei einem Prostatakarzinom um 34 Prozent senken. Das zeigte eine finnische Studie (Heinonen et al.). Patienten mit Prostatakrebs haben im allgemeinen niedrige Vitamin E-Spiegel.

Co-Enzym Q10

Hierbei handelt sich um ein Antioxidativum, das vor Reaktiven Sauerstoff Spezies (ROS) schützt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass selbst in späten Krankheitsstadien Remissionen durch Einnahme größerer Mengen Co-Enzym Q10 möglich sind.

Boswellia Serrata

Der Hauptinhalt des indischen Weihrauches ist die Boswelliasäure. Sie hat in vielen Studien und Tiermodellen eine antikarzinogenen Wirkung sowie eine Antitumorwirkung gezeigt. Gleichzeitig reduziert die Boswelliasäure Entzündungen und fördert die Bildung von antientzündlichen Prostaglandinen (z.B. PGE2), die einer Metastasenbildung vorbeugen.

Quercetin

Die Antikrebswirkung von Quercetin ist eindrucksvoll. Es handelt sich bei Quercetin um ein Flavon, also einem sekundären Pflanzenstoff. Ähnlich wie Vitamin C hat Quercetin vielfältige Wirkungen, Krebs vorzubeugen und zu bekämpfen. Quercetin ist ein starker Aromatasehemmer und verhindert, dass DHEA und Testosteron im Körper zu Östradiol umgewandelt werden. Diese Wirkung ist hinsichtlich der Prävention von Brust- und Prostatakrebs sehr gut belegt. Weiterhin stimuliert Quercetin das Immunsystem. In einer kürzlich erschienenen wissenschaftlichen Arbeit wurde gezeigt, dass Quercetin auch die Krebs verursachenden Effekte von Wasserstoffperoxid hemmen kann. Wasserstoffperoxid stört die Zellkommunikation, was eine Zellfehlbildung zur Folge haben kann.

Lycopen

Lycopen ist ein Carotinoid mit stark wachstumshemmender Wirkung sowohl auf Prostata- als auch auf Brustkrebs. Der Wirkstoff interferiert mit dem IGF (insulin-like growth factor), der als Beschleuniger bei Prostata und Brustkrebs gilt. Durch diese Wirkung reduziert Lycopen sowohl die Bildung als auch das Fortschreiten des Krebswachstums.

Beta-Sitosterol

Diese besondere Form eines Phytosterols hemmt nicht nur das Wachstum von Prosatatakrebszellen, sondern reduziert auch die Zellzahl und induziert Apoptose (erhöhtes Absterben der Krebszellen).

Sägepalmenextrakt und Pygeum Africanum (afrikanischer Zwetschgenbaum)

Beide haben einen hohen Gehalt an Beta-Sitosterolen, von denen schon seit langem bekannt ist, dass sie eine günstige Wirkung auf Prostataleiden haben. Sie haben eine entzündungshemmende und abschwellende Wirkung.

Beta-1,3-/-1,6-D-Glucan

Beta-1,3- und Beta-1,6-D-Glucan werden aus Maitakepilzwänden gewonnen. Sie stimulieren das Immunsystem nachgewiesenermaßen.

Indol-3-Carbinol

Hierbei handelt es sich um eine aktive Substanz aus Kreuzblütlern, die mit Hilfe von Enzymen in Diindolylmethan (DIM) umgewandelt wird. Ihre Wirksamkeit gegen Prostatakarzinome konnte in vielen Tierversuchen nachgewiesen werden. Indol3-Carbinol senkt das karzinogene 17-Hydroxyöstron, stimuliert das entgiftende p450 Enzym in der Leber und erhöht gleichzeitig das vor Krebs schützende 2-Hydroxyöstron.

Grüntee-Extrakt

Der Grüntee-Extrakt hat einen hohen Gehalt an Radikalfängern und ist reich an Flavanolen, die auch Catechine genannt werden. Aktive Substanzen im Grüntee sind unter anderen Catechin, Epicatechin, Epigallocatechin, Epigallocatechingallat, Epicatechingallat usw. All diesen Substanzen wurde eine antiproliferative Wirkung nachgewiesen. Epidemiologische Studien zeigen eine Krebsreduktion bei Grüntee-Trinkern.

Glyzin

Glyzin ist eine Aminoessigsäure, leicht süßlich schmeckend, und hat eine Stress reduzierende und -regulierende Eigenschaft und ergänzt harmonisch oben genannte Stoffe, insbesondere die Mineralstoffe.

Meine persönlichen Erfahrungen mit dem Einsatz orthomolekularer Substanzen sind gut, selbst wenn der Patient bereits erste Beschwerden hat. Nahrungsergänzungsmittel lassen sich aber immer auch ganz ausgezeichnet mit einer Hormontherapie oder anderen onkologischen Behandlungen kombinieren. Die Patienten selbst fühlen sich besser, weil sie wissen, dass sie alles tun, um ihre Gesundheit nach dem heutigen Stand des Wissens möglichst lange aufrecht zu erhalten. Zudem verzeichnen die meisten eine körperliche Leistungssteigerung, was auch ihre Lebensqualität verbessert.

Abb. 1: Anatomie und Lage der Prostata

Dieser Beitrag erschien 2004 in CO’MED Fachmagazin für Complementär-Medizin, Ausgabe  08/04.