Schon seit einigen Jahren ist bekannt, dass eine gemüsereiche Ernährung vor Krebs schützen kann. Doch von allen Gemüsesorten, die eine krebshemmende Wirkung haben, haben sich die verschiedenen Kohlarten sowie Brokkoli als am wirksamsten erwiesen. Epidemiologische Studien belegen, dass das Risiko, an bösartigen Darmtumoren zu erkranken, um die Hälfte sinkt, wenn wöchentlich ein Kilogramm Brokkoli gegessen wird.

Der Pharmakologe Paul Talalay hat an der Johns Hopkins Universität bewiesen, dass die Inhaltsstoffe des Brokkoli den Körper dazu bringen, eigene Antioxidantien und Enzyme zu produzieren. Sie schützen die DNA vor Schäden und sind deshalb bei der Krebsabwehr wichtig. Talalay fütterte Laborraten mit Brokkoli-Extrakt und setzte sie dann stark krebserregenden Stoffen aus. Sie wurden weit weniger oft krank als Vergleichstiere, die normal gefüttert wurden. Selbst wenn die mit Brokkoli gefütterten Ratten eine Krebserkrankung entwickelten, waren ihre Tumore kleiner und wuchsen viel langsamer als die Tumore der anderen Ratten.

Aufgrund dieser Erkenntnisse untersuchten zwei amerikanische Forschergruppen unabhängig voneinander die einzelnen Wirkstoffe der Pflanze. Sie fanden Sulforaphan, von dem wir heute wissen, dass er gegen den Helico-bacter pilori wirksam ist. Zudem fanden die Wissenschaftler zwei Stoffe, denen sie die Antikrebswirkung zuschreiben: Indol-3-Carbinol sowie Isothiocyanat.

Isothiocyanate gehören zu den sekundären Pflanzenstoffen und regen Enzyme an, die wiederum die Körperzellen entgiften. Indol-3-Carbinol greift in den Zellzyklus ein und stoppt die für Tumorzellen charakteristische, schnelle Teilung. Beide Substanzen kommen in besonders hoher Konzentration in Brokkolikeimlingen beziehungsweise in reifem Brokkoli vor.

Indol-3-Carbinol mit Isothiocyanat als Extrakt wurde daher immer häufiger in Kliniken eingesetzt. Zwischenzeitlich liegen über 25 umfangreiche Studien vor, die die Antikrebswirkung des Brokkoli-Extraktes bestätigen. Doch der Indol-3-Carbinol kann auch einige Symptome des chronischen Müdigkeits-Syndroms und der Fibromyalgie erleichtern. I3C regt außerdem die endogene Bildung von Glutathion durch die Leberzellen (Hepatozyten) an. Es kann eine Reihe toxischer Substanzen unschädlich machen, dazu gehören beispielsweise Dioxin, Aflatc*xin und die heterozyklischen aromatischen Amine, die zu Krebs beitragen und die DNA schädigen können. Auch mit diesen Funktionen kann I3C der Krebsbildung vorbeugen. I3C verbindet sich außerdem mit Vitamin C zu Ascorbigen, einem weiteren Indol.

In unserer Klinik setzen wir Indol-3-Carbinol als komplementäre Therapie bei Mamma-, Colon- und Prostatakarzinom ein. Die Dosierung liegt bei 200-400 mg pro Tag. Das Präparat wird ausgezeichnet vertragen und zeigt auch dann noch Wirkung, wenn andere Krebsmittel versagen. Indol-3-Carbinol ist besonders zur Sekundärprävention geeignet, z. B. nach Beendigung der Chemo- oder Strahlentherapie, kann aber auch während spezifischer Therapie erfolgreich eingesetzt werden, da es die Nebenwirkung der Strahlen- und Chemotherapie verringert und die Wirksamkeit erhöht.

Indol-3-Carbinol sollte langfristig eingenommen werden.

Dieser Beitrag erschien 2005 in OM & Ernährung Fachzeitschrift für Orthomolekulare Medizin, Ausgabe Nr. 110.