In dieser zweiteiligen Artikelserie werden neue Aspekte in der Behandlung des Prostatakarzinoms dargestellt und kritisch hinterfragt mit dem Ziel, Kollegen und Patienten zur eingehenden Auseinandersetzung mit den Eigentümlichkeiten dieses Krankheitsbildes zu motivieren. Nur eine sachkundige und ehrliche Beratung des Patienten, gegründet auf eigener klinischer Erfahrung, kann dem Ziel gerecht werden, eine individuelle und optimal auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmte Behandlung zu finden.

Teil 1: Das Dilemma von Vorsorgeuntersuchung und Biopsie

In den westlichen Industriestaaten hat sich die Diagnose Prostatakarzinom in den letzten 30 Jahren gehäuft. Es handelt sich hierbei mittlerweile um die zweithäufigste Krebserkrankung (nach Lungenkrebs). Die Suche nach optimalen diagnostischen und therapeutischen Methoden ist in den letzten Jahren stark intensiviert worden und hat auch bereits sichtbare Erfolge gebracht. Ein Blick auf die Statistik macht die Notwendigkeit intensiver Forschungen sichtbar: In den USA wurde zum Beispiel im Jahre 1993 bei rund 165.000 Männern ein Prostatakarzinom diagnostiziert, im Jahre 1996 waren es bereits 320.000 Männer. Eine Verdopplung in so kurzer Zeit! Auch in Deutschland verhält es sich ähnlich.

Der Erkrankungsanstieg wird im Wesentlichen auf die verbesserte Diagnostik mit dem Einsatz des prostataspezifischen Antigens (PSA) zurückgeführt. Da das Prostatakarzinom vor allem bei älteren Männern auftritt und sich die Altersstruktur in den meisten westlichen Industrieländern in Richtung „höheres Lebensalter“ verschiebt, kann davon ausgegangen werden, dass die Inzidenzrate für diesen Krebs des Mannes auch weiterhin ansteigen wird. Das Prostatakarzinom ist daher im Begriff, sich zu einem bedeutenden internationalen Gesundheitsproblem auszuwachsen und enorme finanzielle Mittel für Diagnostik und Therapie zu verschlingen. Wichtig ist daher, die derzeitigen Therapieoptionen und das Dilemma der einzelnen Therapien kritisch zu beleuchten, um den Patienten vor möglichem Schaden zu bewahren.

Die Patienten fordern von ihrem Arzt zu Recht eine sachkundige Auskunft über Vor- und Nachteile der verfügbaren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. So werden immer häufiger folgende Fragen gestellt: Welcher Wert hat eine regelmäßige Voruntersuchung durch rektales Abtasten der Prostata und gleichzeitige PSA-Kontrolle für mich? Kann die Biopsie zur Diagnosesicherung vielleicht sogar eine Metastasierung begünstigen? Welche Behandlungsmethode ist die beste für mich? Sollte ich vielleicht zunächst gar nichts tun und abwarten (Watchful Waiting)? Was kann ich selbst tun, um den Verlauf meines Prostatakarzinoms günstig zu beeinflussen?

Pro und Kontra Vorsorgeuntersuchung (Screening)

Zunehmendes Gesundheitsbewusstsein und spezifische Empfehlungen von Fachgesellschaften haben in jüngster Vergangenheit immer mehr Männer dazu bewogen, zu Vorsorgeuntersuchung für das Prostatakarzinom zu gehen. Dabei wird rektal abgetastet und eine PSA-Kontrolle durchgeführt. In den letzten Jahren hat sich aber nicht nur in den USA, sondern auch in England und Schweden die Einstellung zum Massen“Screening“ geändert. Die Amerikanische Krebsgesellschaft (American Cancer Society) hat deshalb auch ihre frühere Empfehlung[note]Literatur 1[/note] zum „Screening“ von 1997 zurückgezogen. Lediglich die Urologische Gesellschaft (American Urological Association) sowie die Radiologische Gesellschaft (American College of Radiology) in den USA empfehlen Männern über 50, sich einer jährlichen Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen. Viele andere Gesundheitsorganisationen, wie z. B. das National Cancer Institute, die WHO, die Internationale Vereinigung gegen Krebs, die U.S. Preventive Service Task Force, die Medical Consensus Conference von Schweden, Frankreich und Kanada, um nur einige zu nennen, haben sich inzwischen sogar gegen ein Massen-“Screening“ ausgesprochen. Dieser Wandel ist nicht zuletzt auch dadurch hervorgerufen worden, dass bis heute kein Nachweis über eine Lebensverlängerung der Patienten mit Prostatakarzinom durch Früherkennungsmaßnahmen und die daraus abgeleitete anschließende Behandlung (z.B. radikale Operation oder Bestrahlung) erbracht werden konnte. Hinzu kommt der enorme finanzielle Aufwand für die Solidargemeinschaft durch ein Massen-“Screening“, der nicht gerechtfertigt ist, da der gesundheitsfördernde Einfluss einer solchen Maßnahmen für die Gesellschaft, d.h. Senkung der krebsbedingten Mortalität des Prostatakarzinoms, nicht sicher nachzuweisen ist.

Bedeutet dies, dass Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung des Prostatakarzinoms nicht notwendig oder sinnvoll sein können? Nein, auf ein „Screening“ gänzlich zu verzichten, hieße, unverantwortlich zu handeln. Ein Massen-“Screening“ bei jedem vermeintlich gesunden Mann über 50 Jahre ist jedoch gegenwärtig weder praktikabel, noch bezahlbar. Abgrenzen davon sollte man aber alle Patienten mit Blasenentleerungsstörung, oder jene, die wegen einer familiären Belastung ein höheres Risiko zur Erkrankung haben. Hier sollte es der Kompetenz des Arztes überlassen bleiben, ob eine Vorsorgeuntersuchung durchgeführt werden soll oder nicht. Für diese Einstellung spricht, dass erfahrungsgemäß die praktizierte Diagnostik des Prostatakarzinoms unzuverlässig ist, besonders was die Erkennung noch heilbarer Stadien anbetrifft. So haben 30 % der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Metastasen und damit eine verkürzte Lebenszeit.[note]Literatur 2 – 5[/note] Bei weiteren 30 % ergibt die klinische Untersuchung, dass der Krebs die Kapsel der Prostata durchbrochen hat und damit, unabhängig von allen konventionellen therapeutischen Bemühungen, innerhalb von zehn Jahren metastasieren wird.[note]Literatur 6,7[/note]

Wenn man sich also allein auf klinische Parameter verlässt, bedeutet dies, dass nur etwa 40 % aller Patienten mit Prostatakarzinom zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine potentiell heilbare Erkrankung haben. Unter diesen 40 % befinden sich mindestens 10 %, bei denen während einer Prostatektomie nur minimaler Krebsbefall entdeckt wird, der für die meisten Experten keine aggressive Behandlung gerechtfertigt hätte.

Somit ergibt sich, dass auf der Basis von ausschließlich klinischen Parametern und unter Verzicht auf „Screening“-Methoden nur etwa 30 % aller Patienten mit Prostatakarzinom echte Kandidaten für eine kurative Behandlung darstellen. Leider wird bei der radikalen Prostatektomie dieser echten Kandidaten noch einmal bei etwa der Hälfte festgestellt, dass eine kurative Behandlung wegen vorher nicht erkannten Befalls ausgeschlossen ist.[note]Literatur 6 – 8[/note]

Gegenwärtig kann man also davon ausgehen, dass nur bei etwa 15 % aller Patienten mit Prostatakarzinom bei klinischer Diagnosestellung eine potentiell heilbare Erkrankung vorliegt. Und selbst unter den wenigen Patienten mit besten Voraussetzungen für eine kurative Behandlung bleibt trotz aggressiver Bestrahlungstherapie oder radikaler Prostatektomie noch eine signifikante krebsbedingte Mortalität nachweisbar.[note]Literatur 9 – 11[/note] Es wird somit klar, dass eine routinemäßige, rein klinische Diagnostik des Prostatakarzinoms nicht dazu geeignet ist, die Mortalität dieser Erkrankung günstig zu beeinflussen. Vielmehr gilt hier wie auch für andere Neoplasien, dass sich die Mortalität durch vorbeugende Maßnahmen, verbesserte Früherkennung und bessere Therapie senken lässt.

Diagnostische Testmethoden – DRU, TRUS und Bestimmung des PSA

Wenn unsere Behandlungsverfahren für ein lokalisiertes Prostatakarzinom wirklich effektiv sind, dann ist natürlich eine Früherkennung und damit die mögliche Auswahl einer größeren Zahl von echten Kandidaten für kurative Behandlungen sinnvoll. Eine Voraussetzung für effektive Früherkennung ist das Vorhandensein von geeigneten diagnostischen Tests. Am weitesten verbreitet ist die digitale rektale Untersuchung (DRU), was sicherlich medizingeschichtliche als auch ökonomische Gründe hat. Subjektive Beurteilung durch den Untersucher führt zu einer großen Variabilität, was die Erkennungsrate vom Prostatakarzinom mit dieser Methode betrifft. So konnte in größeren Untersuchungsreihen mit einer Sicherheit von 6,3 % bis 50 % (positive predictive value) ein Prostatakarzinom bei Patienten durch DRU identifiziert werden.[note]Literatur 12 – 14[/note] Mit der seit etwa einem Jahrzehnt praktizierten transrektalen Ultraschalluntersuchung (TRUS) können sogar verdächtige Bezirke innerhalb der Prostata sichtbar gemacht werden, die sich dem tastenden Finger entziehen. Man hat berechnet, dass sich durch TRUS die Erkennungsrate des Prostatakarzinoms um den Faktor 1,3 bis 2,0 gegenüber der DRU erhöhen lässt. Durch die Verwendung von Kontrastmittel und einer farbigen Gefäßdarstellung lässt sich die Diagnostik noch wesentlich verfeinern. Zur weiteren Abklärung positiver Tast- oder Schallbefunde werden das rektale MRT mit Spektrographie sowie das Cholin-PET eingesetzt. Schließlich ist die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) zu erwähnen, für das eine Erkennungsrate für das Prostatakarzinom (positive predictive value) von 2,2 % bis 33 % ermittelt wurde.[note]Literatur 15[/note] Also auch dieser Test hat klare Limits, sowohl in Bezug auf seine Sensitivität als auch Spezifität. So wurde in einer Untersuchung bei etwa 20 % der Patienten mit durch Biopsie nachgewiesenem Prostatakarzinom ein PSA-Wert von < 4.0 ng/ml gefunden.[note]Literatur 17[/note] Auf der anderen Seite gibt es viele falsche positive Resultate, wenn PSA zur Früherkennung des Prostatakarzinoms eingesetzt wird. Die meisten Untersuchungen in dieser Richtung haben ergeben, dass nur etwa ein Drittel der Patienten mit PSA-Werten > 4.0 ng/ml tatsächlich auch ein Karzinom der Prostata haben. Bei der Bewertung des PSA-Wertes sollte man altersspezifische Normalbereiche beachten und nicht mehr die früher generell gebräuchlichen vier Nanogramm pro Milliliter als Obergrenze für den Normalbereich ansetzen. Besonders problematisch ist der Aussagewert des PSA-Wertes im Bereich von 4.0 bis 10.0 ng/ml, in der so genannten Grauzone. Hier wurden in letzter Zeit verschiedene Versuche unternommen, dem PSA-Wert höhere Aussagekraft zu verleihen. So z. B. durch Bestimmung des „freien“ und „gebundenen“ PSA. Jeder Patient hat ein ganz bestimmtes Verhältnis dieser beiden PSA-Formen im Blut, in Abhängigkeit davon, ob seine PSA-Wert-Erhöhung durch das Prostatakarzinom oder durch die gutartige Hyperplasie hervorgerufen wird. Männer mit Prostatakarzinom neigen dabei zu einem abnorm niedrigen Verhältnis von freiem zu gebundenem PSA.

Für die verbesserte Beurteilung frühzeitiger Metastasierung sind kürzlich weitere Diagnosemethoden eingeführt worden: Mit der Cholin-PET ist es möglich, artspezifisch die Ausbreitung der Krankheit zu erkennen. Mit einem Bluttest, dem RT-PCR-Test, kann man PSA-sezernierende Zellen in der Blutbahn entdecken, was ebenfalls für eine metastasierende Erkrankung spricht.

Doch unabhängig davon, wie gut ein effektives „Screening“ bzw. die Früherkennung eines Prostatakarzinoms auch ist, eines wird deutlich: Wir brauchen dringend den Nachweis, dass die Behandlungsmethoden, die zur Behandlung des Prostatakarzinoms eingesetzt werden, auch wirklich die Sterberate dieser Krankheit verringern. Ein solcher Nachweis ist nur durch prospektive Studien möglich, in denen bei Männern mit Prostatakarzinom, entweder behandelt oder unbehandelt, durch langes follow-up die krebsbedingte und generelle Mortalität bestimmt wird. Solche Untersuchungen sind in Schweden angelaufen und bereits ausgewertet worden. In den USA werden seit 1994 etwa 2.000 Männer in dem so genannten PIVOT-Trial (Prostatectomy Versus Observation for Clinically Localized Carcinoma of the Prostate)[note]Literatur 21[/note] randomisiert, um herauszufinden, ob radikale Prostatektomie bei einem auf die Prostata beschränkten Karzinom auch wirklich kurativ ist und damit die krebsbedingte Mortalität für diese Patienten verringern kann. Es sieht aber ganz danach aus, dass eine Prostatektomie die Überlebenszeiten der Patienten nicht verlängern.

Zusammenfassend sollte man daher mit einer Empfehlung zum „Screening“ für das Prostatakarzinom eher zurückhaltend sein. Erst nach sorgfältiger Betrachtung des allgemeinen Gesundheitszustandes des einzelnen Patienten, seines biologischen und chronologischen Alters, seiner generellen Lebenserwartung unter Berücksichtigung aller Begleiterkrankungen, und schließlich sozialer wie auch ökonomischer Faktoren sollte entschieden werden. Wenn dann nach Aufklärung des Patienten gemeinsam entschieden wird, dass eine Vorsorgeuntersuchung in seinem besten Interesse ist, sollte man die digitale rektale Untersuchung durchführen und einen aktuellen PSA-Wert bestimmen und eventuell auch die anderen o.g. weiterführenden diagnostischen Maßnahmen.

Stanzbiopsie: ja oder nein?

Die Stanzbiopsie der Prostata wird von Schulmedizinern im Allgemeinen dann empfohlen, wenn entweder ein pathologischer Tastbefund bei der DRU oder ein erhöhter PSA-Wert (> 4,0 ng/ml) im Blut beim Patienten entdeckt werden. Gewöhnlich werden 4 – 6 Gewebszylinder aus der Prostata für die pathologische Beurteilung entnommen. Wie bei jedem anderen Krebs stellt die histologische Bestätigung der Diagnose auch beim Prostatakarzinom eine entscheidende Voraussetzung für die Planung der Behandlungsstrategie dar. Wegen des fehlenden Nachweises der kurativen Wirksamkeit der gegenwärtig praktizierten Behandlungsmethoden macht sich auch in zunehmendem Maße Skepsis bezüglich der Notwendigkeit der Biopsie breit. Wenn man von den unmittelbaren Gefahren der Biopsie, wie Blutung durch Verletzung umliegender Gewebsstrukturen und Infektion einmal absieht, da Antibiotika, Vorbeugung und Ultraschallkontrolle (TRUS) zur korrekten Lage der Biopsienadel diese Komplikationen stark reduziert haben, so bleiben dennoch zwei wichtige Fragen zur Beantwortung offen:

  • Schließt ein negatives Biopsieresultat ein Prostatakarzinom aus?
  • Kann durch die Biopsie der lokalisierte Krebs der Prostata verstreut werden?

Prinzipiell kann die erste Frage mit Ja beantwortet werden. Wenn z.B. die Gewebeprobe aus einem durch 3D-Ultraschall als verdächtig erkannten Bezirk der Prostata entnommen wird, der in Wirklichkeit Prostata-Hyperplasie enthält, und einen halben Zentimeter außerhalb des als verdächtig erkannten Bezirkes ein kleines, noch nicht erkennbares Karzinom wächst, dann ist die Biopsie als diagnostische Maßnahme verfehlt. Eine noch höhere Anzahl solcher falsch negativen Resultate wird man bei der Biopsie mittels so genannter „Fine needle aspiration“-Technik erwarten können, da hier die Führung der Nadel durch bildgebende Verfahren nicht kontrolliert wird und das zelluläre Aspirat schlechter zu interpretieren ist als der Gewebezylinder aus der Stanzbiopsie. Bedenken sollte man auch, dass durch die Biopsie eine Verletzung der Prostata vorgenommen wird, das führt zu Entzündung und zur Freisetzung von Wachstumshormonen, die zur Beschleunigung des lokalen Wachstums des Krebses in der Prostata führen können. Durch die Biopsie werden vorhandene Prostatkarzinome nur in 40 – 60 % gefunden, d.h. in 40 % kann man auch bei Vorliegen eines Karzinoms einen falschen negativen Wert erhalten und dies birgt die Gefahr in sich, dass der Patient sich in falscher Sicherheit wiegt.

Die zweite Frage, ob Biopsien zur Verschleppung von Krebszellen oder gar zur Metastasierung beitragen können, ist weit schwieriger zu beantworten, da keine verlässlichen Untersuchungen vorliegen. Allerdings haben so berühmte Urologen wie Patrick C. Walsh et al bereits 1991 auf die Gefahr der metastatischen Aussiedlung durch Nadel-Biopsie der Prostata hingewiesen.[note]Literatur 22[/note] Tumoraussaat erfolgt z.B. fast regelmäßig innerhalb des Stanzkanals beim oder nach dem Zurückziehen der Biopsienadel. Im günstigsten Fall bleiben die dabei losgerissenen Krebszellen innerhalb der Prostatakapsel. Man kann sich aber leicht vorstellen, dass Krebszellen durch die Gewebsverletzung und die damit verbundene Blutung, Entzündung und dem Heilungsprozess die Prostata verlassen und entweder im lymphatischen System oder in der Blutbahn enden. Dies wurde vor kurzem auch durch immunzytologische Untersuchungen sowie durch in-situ DNS-Hybrid-Technologie von Polascik et al.[note]Literatur 23[/note] bestätigt. Wenn das Immunsystem des Patienten nicht in der Lage ist, solche durch Biopsie freigesetzten Karzinomzellen zu identifizieren und abzutöten, können sich daraus Metastasen entwickeln.

Zurzeit ist also keine endgültige Aussage darüber möglich, wie groß der Einfluss der Biopsie auf die Metastasierung von Prostatakarzinomen ist. Immer mehr aufgeklärte Patienten, die zur Abklärung eines erhöhten PSA-Wertes schließlich in unser Biomedizinisches-Prostata-Zentrum (Klinik St. Georg, Bad Aibling) kommen, lehnen jedoch auf Grund dieser Unsicherheit die Biopsie ab, und wir unterstützen sie dabei, insbesondere dann, wenn sich keine chirurgischen Konsequenzen ergeben würden. Da für eine sichere Diagnose jedoch stets die histologische Begutachtung gefordert wird, befinden sich Patient und Arzt gewissermaßen in einer Zwickmühle. Ein Kompromiss ist dann vielleicht eine engmaschige Kontrolle, die die o.g. Untersuchungen wie TRUS, Cholin-PET, Umstellung des Lebensstils sowie Einleitung einer Primärprävention, durch die nicht nur die körpereigene Abwehr des Patienten verbessert wird, sondern durch Naturstoffe auch eine Redifferenzierung bzw. Abtötung von Krebszellen erreicht werden kann.

Die verbesserte Aussagekraft neuer immunologischer und molekularer Tests (RTPCR, PCa3) sowie nuklearmedizinische und radiologische Untersuchungsmetho den könnten in Zukunft die Stanzbiopsie in speziellen Fällen unnötig machen. Wenn z.B. Prostatakrebszellen RT-PCR-Tests im Patientenblut nachzuweisen sind, der PCa3-mRNA positiv ist und im Cholin-PET ein aktiver Herd in der Prostata oder sonst wo nachweisbar ist, ist eine Stanzbiopsie nicht absolut notwendig. Die Gefahr, einer Metastasierung durch eine Stanzbiopsie Vorschub zu leisten, wird damit ausgeschaltet. Beim PCa3 handelt es sich um einen molekularbiologischen Nachweis von Tumorzellen. Dabei wird die von Prostatazellen gebildete PCa3-mRNA in einer Urinprobe nachgewiesen. Prostatakarzinomzellen exprimieren bis zu 100 ml und mehr PCa3-mRNA als nicht entartete Zellen, daher ist dieser Test in Bezug auf die Dignitätseinschätzung der PSA-Restbestimmung überlegen.

Auch der Nachweis von erhöhten Cholinwerten in der Spektrografie oder eine erhöhte Aufnahme von radioaktivem Cholin in Prostatagewebe können ein Prostatakarzinom nicht nur wahr scheinlich machen, sondern auch etwas über seine Lokalisation und Ausdehnung aussagen. Es bestehen also Alternativen zur Biopsie.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine Stanzbiopsie nur unter strengster Indikationsstellung durchgeführt werden sollte, da sie möglicherweise eine Metastasierung fördert. Auch Blutung und Infektion als eine unmittelbare Komplikation sind ebenfalls nicht selten.

Teil 2: Wegweiser im Behandlungsdschungel

Bei keiner anderen Krebserkrankung kommen so viele verschiedene Behandlungsmethoden zum Einsatz wie beim Prostatakarzinom. Dabei wissen wir heute nicht einmal, ob auch nur eine dieser Methoden imstande ist, das Leben der betroffenen Patienten wirklich zu verlängern. Verständlicherweise entstehen daraus sowohl für Patienten als auch für Ärzte Konflikte. Patienten stehen vor dem Dilemma, sich für eine bestimmte Behandlungsmethode zu entscheiden oder abzuwarten. Ärzte sind oft befangen und voreingenommen in ihrer Empfehlung.

Seit Jahren beharrt das Gros der Urologen darauf, dass die radikale Entfernung der Prostata die einzige, wirklich kurative Behandlungsmethode darstellt (Goldstandard: Radikale Prostatektomie). Zu leicht wird dabei allerdings vergessen, dass es für diese Behauptung keine ausreichenden Beweise gibt und möglicherweise eine Empfehlung zum Eingriff auch von finanziellen Motiven beeinflusst wird. Ähnlichkeiten in Hinsicht auf Voreingenommenheit ergeben sich natürlich auch für jede andere Behandlungsmethode, ganzheitliche oder alternative Verfahren eingeschlossen. So wird der Radiologe zu Bestrahlung raten und der ganzheitlich orientierte Experte vielleicht von konventionellen Verfahren ganz abraten.

Der betroffene Patient sollte sich möglichst immer eine zweite und dritte Meinung einholen, bevor er sich für eine Behandlung entscheidet. Zeit, sich sachkundig zu machen, ist eigentlich immer vorhanden, auch wenn Urologen, Radiologen oder auch Hausärzte zur Entscheidung drängen. Eine durchaus gute Quelle für Informationen ist das Internet. Kontroversen zum Thema Prostatakarzinom werden hier besprochen, neueste Forschungsergebnisse vorgestellt und Patienten tauschen ihre Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit allen Aspekten dieser Erkrankung offen aus.

Die praktizierten Behandlungsverfahren für das Prostatakarzinom werden in zwei Gruppen unterteilt: kurative Verfahren (Ziel: Heilung; Bedingung: Prostatakarzinom auf die Drüse beschränkt) und palliative Verfahren (Ziel: Linderung von Symptomen bei metastasiertem Prostatakarzinom). Als Sonderform in der Behandlungsstrategie für das Prostatakarzinom wird zunehmend auch das so genannte „Watchful Waiting“ (beobachten und abwarten) akzeptiert. Zu den kurativen Behandlungsverfahren des Prostatakarzinoms, das auf die Vorsteherdrüse beschränkt ist, zählen nach wie vor die radikale Prostatektomie und die Bestrahlung. Obwohl weder für die operative, noch für die Bestrahlungsbehandlung Beweise vorliegen, dass sie im Vergleich zu eher konservativen Therapien einen zusätzlichen Überlebensvorteil für Patienten erbringen, stehen diese Verfahren an oberster Stelle in der Wertigkeit für die meisten Therapeuten. „Watchful Waiting“, d. h. ohne effektive Therapie den Krebs zu beobachten, um dann erst beim Auftreten von Symptomen zu behandeln, wird immer noch ungern von vielen Ärzten und den meisten Betroffenen akzeptiert. Verständliche Ängste, wenn man mit der Diagnose Prostatakarzinom konfrontiert wird, zwingen oft zu sofortigem Handeln.

„Watchful Waiting“ ist zwar eine auch von Experten anerkannte Behandlungsstrategie, für viele Patienten mit PCa aber nicht akzeptabel. Da wir wissen, dass nur einer von acht Männern mit Prostatakarzinom an den Folgen der Erkrankung sterben wird, sollte man sich für die Entscheidung wirklich Zeit nehmen, denn die schulmedizinischen Methoden haben irreversible Schäden zur Folge wie Impotenz und Inkontinenz. Wenn also nur einer von acht Männern mit PCa an dessen Folgen stirbt, werden 7 möglicherweise umsonst behandelt und müssen die oben genannten Komplikationen akzeptieren. Die Therapie stellt für sie keinen Vorteil, sondern einen definitiven Nachteil dar. Es gibt also keine Garantie dafür, dass die gegenwärtigen Behandlungsmöglichkeiten diesen Mann heilen oder sein Leben verlängern würden. Aber wir können heute immer besser voraussagen, welcher der acht Männer eigentlich eine aktive Behandlung braucht und welcher nicht.

Radikale Prostatektomie

Vorbedingungen für eine radikale Operation sind die histologische Diagnose, ein auf die Prostata beschränktes Karzinom (Stadium T1 – T2), das Fehlen von medizinischen Kontraindikationen, eine voraussichtliche Lebenserwartung des Patienten von mehr als zehn Jahren und ein entsprechend aufgeklärter Patient. Obwohl die operative Technik in den letzten Jahren deutlich verfeinert wurde, ist dieser Eingriff auch heute noch mit einer nicht zu unterschätzenden intraoperativen Mortalität (bis zu 3,0 %) sowie beachtlicher Morbidität verbunden. Die drei wesentlichsten Spätfolgen sind dabei dauerhafte Inkontinenz (bis 30 %), Impotenz (100 %) und Ureterstrikturen (5 – 15 %). Die so genannte nervensparende Operation hat zwar die Anzahl der impotenten und inkontinenten Patienten reduzieren können, für den Betroffenen jedoch bedeuten diese Komplikationen immer eine dramatische Verschlechterung seiner Lebensqualität. Die Rezidivrate nach erfolgter Radikaloperation wird heute zwischen 35 – 65 %, angegeben, erkannt an einer PSA-Progression innerhalb von fünf und zehn Jahren nach der Operation.[note]Literatur 9, 26 – 31[/note] Die große Schwankungsbreite ist durch ungenaues „Staging“ der Patienten bedingt. So wird in etwa der Hälfte der Patienten mit PCa, die sich einer radikalen Prostatektomie unterziehen, festgestellt, dass sich das Karzinom bereits außerhalb der Prostatakapsel befindet und damit eine Metastasierung wahrscheinlich ist. Inwieweit Metastasierung durch Biopsie oder den chirurgischen Eingriff selbst hierbei eine Rolle spielt, kann bisher nicht sicher gesagt werden, spielt aber eine nicht zu übersehende Rolle. Eine Verbesserung des Staging lässt sich durch CT, MRT, das Cholin PET und eine endorektale spektroskopische Magnetresonanzuntersuchung (MRT-Spect) erreichen.

Beim Colin PET wird radioaktives Cholin gespritzt, welches relativ spezifisch von Prostatkarzinomzellen aufgenommen wird. Mit einer Gammakamera ist man dann in der Lage, ausreichend große Ansammlungen von Krebszellen auch außerhalb der Prostata sichtbar zu machen. Die endorektale MRT kann besser als die Computertomographie und das reguläre MRT zwischen Krebs und Hyperplasie, Nekrose oder post-Biopsie-Blutung in der Prostata unterscheiden[note]Literatur 32,33[/note] und ist deshalb in den letzten Jahren zu einer wertvollen Zusatzuntersuchung geworden, insbesondere, wenn sie mit einer Spektrographie kombiniert wird, bei der eine Anreicherung von Cholin, welches typisch für PCa ist, nachgewiesen wird.

Praxis-Hinweise zur Problematik der radikalen Prostatektomie

Übereilte Entscheidung zur Operation ist gefährlich; Patientenberatung und Aufklärung sollte sorgfältig und verantwortungsbewusst durchgeführt werden. Bewertung des Krankheitsstadiums kann unter Hinzuziehen des DiaPat, der Cholin PET-CT (Diagnose von Krebsgewebe außerhalb der Prostata) und spektroskopisches, endorektales MRT verbessert werden.

Bestrahlung

Bestrahlung kann grundsätzlich von außen (z. B. external beam radiation) oder aber von innen, d. h. durch Einbringen von radioaktivem Material in die Prostata (Brachytherapie, interstitielle Bestrahlung, „Seed“-Implantation) erfolgen. Als kurative Behandlung des Prostatakarzinoms im Stadium T1-T3 akzeptiert, vermeidet die externe Bestrahlung (66 – 72 Gy zur Prostata und 45 – 50 Gy zu den Beckenlymphknoten) den chirurgischen Eingriff und die damit verbundene Morbidität. Allerdings ist bei der alleinigen externen Bestrahlung mit einer hohen Rezidivrate (über 80 %) innerhalb von fünf Jahren zu rechnen. PSA-Wert-Überwachung und wiederholte Biopsie nach der Bestrahlung scheinen dies zu belegen.[note]Literatur 34, 35[/note] Vergleichende Untersuchungen zwischen externer Bestrahlung und radikaler Operation, die eine klare Überlegenheit des chirurgischen Eingriffs belegen würden, liegen jedoch nicht vor. Wie für den operativen Eingriff, so gelten auch für die Bestrahlungsbehandlung bestimmte Vorbedingungen. Diese sind: histologisch nachgewiesener, auf die Prostata beschränkter Krebs, eine ausreichende Lebenserwartung (> 10 Jahre), Nichtvorhandensein von anderen Erkrankungen im Bereich des urogenitalen Systems, Nichtvorhandensein von Darmerkrankungen und ein aufgeklärter Patient.

Die Bestrahlungstechnik hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt: von der Kobalt-Bestrahlung mit oftmals schwerwiegenden Nebenwirkungen zum Linear-Beschleuniger, der durch so genannte Konformationsbestrahlung (three-dimensional conformal radiation imaging) die strahlenbedingten Nebenwirkungen deutlich reduzieren kann. Trotz dieses technischen Fortschritts ist die Bestrahlungsbehandlung auch heute nicht nebenwirkungsfrei. Insbesondere Impotenz (bis zu 50 %) sowie Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion (bis zu 15 %) sind die häufigsten Gefahren.

Bei der interstitiellen- oder Brachytherapie verwendete man in der Vergangenheit das radioaktive Jod-125, welches anfänglich durch offene chirurgische Implantation, später dann durch Nadeltechnik vom Damm aus in die Prostata verbracht wurde. In den Anfängen hatte die Technik viele Probleme, wie z. B. Unterdosierung und damit verbunden eine hohe Rezidivrate, ungleiche Strahlenverteilung wegen unausgeglichener Implantation der radioaktiven „Seeds“ sowie Komplikationen durch Verletzung oder Strahlenschäden von Blase und Mastdarm. Verbesserung in der Applikationstechnik und Berechnung der optimalen Dosis mittels Computermodellierung sowie die Verwendung besserer radioaktiver Isotope (Paladium-103 und Iridium-192) haben dazu beigetragen, die Anfangsschwierigkeiten zu überwinden. Eine Studie von Blasko et al weist sogar aus, dass heute mehr Patienten nach Brachytherapie innerhalb von sechs Jahren frei von Rezidiven bleiben als nach radikaler Operation oder externer Bestrahlung. Gleichzeitig ist das Spektrum der Nebenwirkungen nach Brachytherapie geringer als bei der radikalen Prostatektomie oder der externen Bestrahlung: Inkontinenz tritt nur bei etwa 5 % der Fälle auf, und Impotenz wird nur von etwa 15 – 25 % der Patienten unter 70 Jahre berichtet. Noch bessere Behandlungsresultate als mit der alleinigen externen oder interstitiellen Bestrahlung scheint man mit der Kombination beider Verfahren zu bekommen.

„Watchful Waiting“

Dieses Konzept ist relativ neu in der Behandlungsstrategie beim Prostatakarzinom. Dabei vereinbaren Arzt und Patient bei gesicherter Diagnose, dass zunächst keine invasive Therapie erfolgt, sondern durch regelmäßige rektale Untersuchung sowie Kontrollen des PSA-Wertes, Sonogramm, MRT, Knochenszintigraphie und Cholin-PET das Krebswachstum verfolgt wird. „Watchful Waiting“ wird vor allem bei gut differenzierten und kleinen Karzinomen, insbesondere bei Männern mit einer Lebenserwartung von weniger als zehn Jahren in Betracht gezogen. Für Männer mit nicht tastbaren Tumoren, bei denen der Krebs durch PSA-Test festgestellt wurde (Stadium T1c), ist die „Abwartestrategie“ ebenfalls als akzeptabel einzuschätzen, sogar dann, wenn für ihre Lebenserwartung mehr als 15 Jahre angenommen wird. Im Endeffekt jedoch ist „Watchful Waiting“, wie auch die so genannten kurativen Verfahren, mit einem Risiko verbunden, welches von der Wachstumsrate des Karzinoms und der aktuellen Lebenszeit des Patienten abhängig ist. Chodak et al fanden bei Patienten mit gut differenziertem und nicht metastasiertem Prostatakarzinom, dass sich unter „Beobachten und Abwarten“ eine krankheitsspezifische Überlebensrate von 87 % innerhalb von zehn Jahren ergab. Für immer mehr Männer sind diese Zahlen so ermutigend, dass sie sich für diese Strategie entscheiden, da ein etwas verkürztes Leben mit guter Lebensqualität dem Überleben mit Nebenwirkungen wie Impotenz und Inkontinenz oft vorgezogen wird. Noch interessanter wird diese Strategie, wenn sie kombiniert wird mit Lebensstiländerung sowie Ernährungsumstellung und der chronischen Einnahme von Naturstoffen mit präventiver Wirkung und einer Hormonmodulation.

Hyperthermie

Seit langem ist bekannt, dass die Überwärmung einen selektiven, zytotoxischen Effekt auf Tumorgewebe hat. Zelldestruktion erfolgt dabei im Tumorgewebe leichter als im gesunden, da Tumorgefäße sich nicht wie normale Gefäße bei Hitzeeinwirkung erweitern können und es somit im Tumorgewebe sehr leicht zur Überwärmung kommt. Außerdem sind neoplastische Zellen auch noch wärmeempfindlicher als gesunde Zellen und metabolisch schwach, d.h. durch Hyperthermie gelingt es in relativ kurzer Zeit Tumorzellen in Apotose zu bringen. Als Zielorgan für die Behandlung mit Wärme ist die Prostata relativ gut geeignet, da sie entweder durch die Urethra oder vom Rektum her gut zu erreichen ist. Gegenwärtig sind verschiedene Verfahren zur Hitzedestruktion des Prostatakarzinoms im Gebrauch: Mikrowellen-[note]Literatur 40[/note] und Kurzwellen-Energie[note]Literatur 41[/note], Laser-Technologie[note]Literatur 42[/note] und schließlich eine besondere Form von Ultraschallenergie (High Intensity Focused Ultrasound)[note]Literatur 43[/note]. Wir verfügen über eine langjährige Erfahrung mit der transurethrale Radiofrequenz-Hyperthermie. Bei dieser Therapie wird nur das Krebsgewebe zerstört, die gesunden Anteile der Prostata und ihre Funktion bleiben voll erhalten d.h. Inkontinenz oder Impotenz treten nicht auf. Diese sanfte und nebenwirkungsarme Therapie ist hinsichtlich der Langzeitergebnisse vergleichbar mit allen anderen Therapieverfahren. Über unsere 10-Jahresstatistik an mehreren Hundert Patienten werden wir an anderer Stelle berichten.

Cryotherapie

Der Gedanke, Krebszellen in der Prostata durch Vereisen abzutöten, geht auf Gonder et al zurück, die bereits 1964 versuchten, mit dieser Methode das Prostatakarzinom unter Erhaltung von Struktur und Funktion des umliegenden Gewebes zu beseitigen. Die heute praktizierte Methode basiert auf der Anwendung von flüssigem Stickstoff, welcher durch in die Prostata eingebrachte Nadeln zirkuliert. Dabei werden um die Nadelspitze Temperaturen von -180° bis -190° Celsius erreicht und die Zellen des umliegenden Gewebes durch Bildung von Eiskristallen zerstört. Obwohl das Ausmaß der Gewebsdestruktion mittels rektaler Ultraschallsonde während der Prozedur ständig überwacht wird, sind Komplikationen bei dieser Behandlungsmethode häufig. Außerdem werden sowohl gesunde als auch kranke Gewebsanteile zerstört und damit im Gegensatz zur transurethhralen Thermotherapie die Funktion der Prostata nur teilweise erhalten.

Hormon-Ablations-Behandlung

Androgen-Ablation, entweder medikamentös oder durch Orchiektomie, ist zur wichtigsten Behandlungsmethode bei metastasierendem Prostatakarzinom geworden. Etwa 80 % der Patienten zeigen dabei eine initiale Besserung ihrer Symptome, weiterhin eine prompte Abnahme der PSA-Werte und oftmals eine nachweisbare Reduzierung der Tumormasse, sowohl in der Prostata als auch in den Metastasen. Allerdings hält dieser positive Effekt nicht sehr lange an, da durch klonale Selektion vermehrt hormon-unabhängige Krebszellen entste hen, die sich der hormon-ablativen Therapie entziehen und eine schlechte Prognose für den Patienten bedeuten. Weniger als 30% solcher hormon-refraktär gewordenen Patienten überleben fünf Jahre.

Ein anderer Weg, eine permanente Androgen-Ablation zu erzeugen, ist die chirurgische Kastration, welche als ambulanter chirurgischer Eingriff durchgeführt werden kann und eine sehr geringe Morbidität besitzt. Mehr als 75 % der betroffenen Männer entscheiden sich jedoch gegen diese Operation und wählen die chemische Kastration mittels LHRH-Agonisten (luteinizing hormone-releasing hormone). Der bekannte kurzzeitige Anstieg des Testosteronspiegels beim Beginn der Behandlung mit LHRH-Agonisten führt bei diesen Patienten oftmals zu einer vorübergehenden Steigerung des Tumorwachstums (tumor flare) und sollte durch Vorbehandlung mit einem Anti-Androgen verhindert werden.

Das Spektrum der Nebenwirkungen ist für beide Methoden der Hormon-Ablation gleich: totaler Verlust der Libido, erektile Impotenz, Verringerung der typisch männlichen Körperbehaarung. Weder die chirurgische noch die chemische Kastration können das in den Nebennieren gebildete Androgen beeinflussen. Harper et al haben herausgefunden, dass adrenale Androgene für bis zu 20 % des in der Prostata nachzuweisenden Dehydrotestosterons verantwortlich sind. Ob diese von der Nebenniere stammenden Androgenvorstufen, so wie von Labrie et al postuliert, wirklich für die Entwicklung von Hormonresistenz und Aufrechterhaltung des Krebswachstums verantwortlich sind, ist bis heute nicht entschieden. Allerdings beweisen immer mehr klinische Studien eine verbesserte Wirksamkeit für die hormon-ablative Therapie und damit verbundene Verlängerung der Überlebenszeit, wenn Orchiektomie oder LHRH-Agonisten mit einem Antiandrogen, wie z.B. Flutamid oder Biculatamid (Casodex) kombiniert werden. Eine solche komplette hormonelle Blockade hat jedoch auch den Nachteil zusätzlicher Nebenwirkungen, wie z.B. Diarrhöe, Gynäkomastie und Hitzewallungen.

Resümee

Zusammenfassend kann man feststellen, dass sowohl Arzt als auch Patienten sich gleichermaßen in einem Dilemma befinden, das sich aber eigentlich immer lösen lässt. Das alt überlieferte Dogma vom Goldstandard der radikalen Operation als einzig kurative Behandlung für das Prostatakarzinom lässt sich nicht mehr halten. Behandlungstechniken, die weniger drastisch sind und geringere Nebenwirkungen haben, finden immer mehr Einsatz. Verlässliche diagnostische Verfahren zur besseren Selektion von Patienten für die „Watchful Waiting“-Strategie stehen uns heute zur Verfügung. Eine enge Zusammenarbeit von allen Therapeuten im Interesse des betroffenen Patienten ist heute wichtigstes Ziel – auch die Einbeziehung von alternativen Methoden ist sehr nützlich. Vielleicht ist der Ansatz der konventionellen und von vielen Urologen immer noch vertretenen Meinung nicht ganz richtig. Tumor ist eben nicht gleich Tumorerkrankung, und Beseitigung des Tumors bedeutet leider nicht Heilung von der Krebskrankheit. Vielleicht ist das Konzept falsch? Holistisches Herangehen? Vorbeugen durch Ernährung, biologische, pflanzliche und chemische Vorbeugung sowie Hyperthermie sind die Alternativen.

Dieser Beitrag erschien in Die Naturheilkunde (Teil 1: Ausgabe 6/2009 , Teil 2: Ausgabe 1/2010).

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